Der oberste Richter war heute nicht da, den Vorsitz führte stattdessen der, der sonst immer links von ihm saß. Er war insgesamt sehr freundlich und meinte, er habe meine Webseite gelesen, und ich solle doch bitte nicht "ausrasten" (siehe Newsüberschrift vom 7.5.2003). Softwareprozesse dauerten nun mal lange, besonders, wenn es keine ausreichenden schriftlichen Unterlagen gibt.
Ich versuche mir immer, wenn ich merke, daß ich nervös werde, klarzumachen, daß das, was für die Beteiligten auf der Hand liegt und sonnenklar ist, weil sie es ja selbst erlebt haben, für jemand anders, z.B. einen Richter, überhaupt nicht offensichtlich ist. Deswegen muß ich meine Ungeduld zügeln und ausharren.
Ich bin insgesamt, was den Ausgang des Verfahrens angeht, deutlich optimistischer geworden. Was die Länge angeht, weiß ich zwar immer noch nicht, was auf mich zukommt, aber gehen wir der Reihe nach:
Also, die 4 Zeugen waren da gewesen: Christian Drenkard, Philipp Zabel, Leander Hanwald und Neil Pierantoni. Die Fragen des Richters waren die folgenden:
Sind Sie mit Herrn Dobrovka verwandt? (war keiner)
Haben Sie Herrn Dobrovka Ihre Rechte am Spiel 3DTT im vollen Umfang abgetreten und ihn legitimiert, an Ihrer Stelle hier aufzutreten? (haben alle bestätigt)
Was war Ihr Aufgabenbereich am Projekt?
Hatten Sie Reise-Unkosten?
Der Anwalt von Uebbing interessierte sich hauptsächlich dafür, ob die Zeugen meinen Anwalt kannten, und wann sie mich das letzte Mal gesprochen hatten. Bin mir nicht ganz sicher, worauf er hinauswollte. Vielleicht, daß mein Anwalt die Zeugen beeinflußt hat? Man schließt halt gern von sich auf andere.
Leander hat noch zu Protokoll gegeben, daß er den Betatest im Sommer 2001 geleitet hat, und dafür hatte Uebbings Anwalt ebenfalls großes Interesse.
Obgleich sowohl mein als auch Uebbings Anwalt die präsenten Zeugen noch gerne 1000 weitere Dinge gefragt hätten, wurden keine weiteren Fragen an die Zeugen zugelassen. Das hat mich definitiv in Panik versetzt, denn immerhin hätten sie zur Kernfrage: Ist SuS = 3DTT sehr viel zu sagen gehabt.
Zu meiner eigenen Beruhigung: Natürlich wird dieser Punkt im Laufe des Verfahrens ebenfalls geklärt werden. Es ist gar nicht anders möglich, daß er nicht geklärt werden würde. Nur eben nicht an jenem Tage. Der "Beweisbeschluß" des Gerichtes, aufgrund dessen die Zeugen geladen wurden, war nun einmal so eng gefaßt, daß nur diese Fragen zulässig waren.
Insgesamt muß letztlich alles geklärt werden, was Uebbing bestritten hat. Und er hat es ja bestritten, daß die anderen WAY-X-Mitglieder mir ihre Rechte abgetreten haben. Was diesen einen Punkt angeht, so ist der Prozeß absolut zu meiner Zufriedenheit abgelaufen, und der Punkt kann abgehakt werden. Ich bin auch sehr zuversichtlich, daß alle anderen Punkte zu meiner Zufriedenheit ablaufen werden. Auch der Umstand, daß zwei mögliche zukünftige Zeugen der Gegenseite (ich nenne jetzt keine konkreten Namen) auf jeden Fall lügen werden, um ihre Haut zu retten, wird daran nichts ändern.
Es bleibt natürlich etwas unbefriedigend, daß die Zeugen, die alle mehrere hundert Kilometer angereist waren, um auszusagen, zu den anderen Streitpunkten nicht befragt wurden. Ich male mir gerade aus, wie sie für den nächsten zu klärenden Streitpunkt wieder mehrere hundert Kilometer anreisen müssen. Allein das ist aus dem Gesichtspunkt der "Prozeßökonomie" (wieder ein neues Wort gelernt) irgendwie nicht elegant gelöst.
Was aber wirklich beunruhigend auf mich wirkt, ist daß der Prozeß sich seit anderthalb Jahren zieht und es in diesem Zeitraum gerade mal zwei Verhandlungstermine gegeben hat, in denen das Gericht sich redlich mühte, über so wenig wie möglich zu reden. Zumindest kommt es mir so vor, man verzeihe den blasphemischen Gedanken. Ich will ich keineswegs die Richter angreifen. Mir kam es in den Verhandlungen immer so vor, als läge Ihnen selbst auch viel an einer zügigen Abwicklung, aber sie sind offensichtlich an Regeln gebunden, die für einen Außenstehenden fremdartig wirken. Und ich bin so ein Außenstehender.
Auf jeden Fall ist die Zahl der Dinge, die Uebbing bestreitet, Legion. Er bestreitet ja sogar, daß ich überhaupt etwas mit Programmieren zu tun hätte, obwohl ich als Programmierer in seiner Firma angestellt war. Ich schätze die Zahl der Dinge, die er in seinen Schriftsätzen bestreitet, auf knapp unter hundert. Wenn jeder Punkt ein halbes Jahr zur Abklärung braucht, erlebe ich den Prozeßausgang voraussichtlich gar nicht mehr. Das klingt jetzt bösartiger, als es gemeint ist, denn mir ist klar, daß der Prozeß nicht 50 Jahre dauern kann. Kein Prozeß dauert so lange. Aber rein mathematisch komme ich erst mal zu so einem Ergebnis.
Ich erlaubte mir deswegen, den Richter zu fragen, wie das denn nun sei. Ob es möglich sei, zukünftig mehrere Fragen in eine Sitzung zusammenzufassen usw. Seine Antwort diesbezüglich fiel positiv aus, und auch er selbst sagte, daß das jetzt alles schneller gehen würde. Und wie als Beweis erfahre diesmal das Ergebnis der Verhandlung nicht erst in 4, sondern schon in 2 Wochen.
Wie gesagt: über den Ausgang des Verfahrens mache ich mir keine Sorgen mehr. Das Beweisangebot ist erdrückend. Ich habe dem Spektrum außerdem noch ein Privatgutachten hinzugefügt. Ich muß nur meinen Frieden damit machen, daß ich das Urteil noch nicht so bald in Händen halte. Uebbing wird wahrscheinlich ohnehin in Berufung gehen, da er weiß, was ihn erwartet, wenn er diesen Prozeß verliert: Diverse Straßprozesse wegen Betrug, Prozeßbetrug, Falschaussage an Eides Statt usw. Was Ubi Soft macht, weiß ich nicht. Deren Standpunkt scheint es zu sein, allein schon deshalb ein rechtskräftiges Urteil abzuwarten, damit die Verhältnisse juristisch einwandfrei geklärt sind. Ich hoffe nur, daß sie wissen, daß wenn sie weiterhin die Beweise ignorieren und sogar in Berufung gehen, ebenfalls in die strafrechtliche Zone rutschen.
Langer Rede kurzer Sinn: Am 29.10.2003 werde ich erfahren, wie es weitergeht.
Aus aktuellem Anlaß noch eine Bemerkung zu meinem Anwalt: Er hat mich bisher tadellos durch diesen Prozeß gelotst, und ich bin sehr mit ihm zufrieden; ich werde ihn auf jeden Fall "behalten", falls es zu einem Berufungsverfahren kommt. Ich muß daher alle Angebote von anderen Anwälten im Vorfeld ablehnen.
Such a huge amount of text is too much for my meager skills in German.
Can someone pick the most important pieces out?
I know he is more optimistic about the process and some witneses were heard.